Vier Jahrzehnte verbunden
Mit 170 Gästen und einem Brautpaar feiert Neubiberg Partnerschaft mit Ablon-sur-Seine
Von Claudia Engmann, Neubiberg
Von vier Bürgermeistern aus drei Ländern getraut zu werden, das passiert nicht jedem: Aber wenn in Neubiberg 40 Jahre Partnerschaft mit der Stadt Ablon-sur-Seine (Frankreich) gefeiert wird, dann kann das schon mal vorkommen. Antonia Beyreuther und Christian Wagenbauer aus Neubiberg wurden an diesem Wochenende von Neubibergs Bürgermeister Günter Heyland, seinem Stellvertreter Volker Buck sowie dem Bürgermeister aus der Partnergemeinde Ablon-sur-Seine, Eric Grillon, und Oleg Egorov, dem Oberhaupt der russischen Partnerstadt Tschernogolowka, getraut. Das sei eine "symbolische Geste der Völkerverständigung", sagte Rathauschef Günter Heyland in seiner Festrede, genauso wie die seit 40 Jahren bestehende Partnerschaft mit der französischen Gemeinde aus der Nähe von Paris und die seit 22 Jahren bestehende Partnerschaft mit der Wissenschaftsstadt Tschernogolowka bei Moskau. Wie die Städtepartnerschaften müsse auch diese Ehe mit Leben gefüllt werden.
170 Gäste waren in der Aula der Neubiberger Grundschule versammelt, um zu feiern. Ein Jubiläums-Film zeigte denkwürdige Szenen aus der Historie der Partnerschaft: Da bringen die Neubiberger 1984 und dann wieder 2010 einen bayerischen Maibaum nach Frankreich, ein Platz in Ablon wird zum "Neubiberger Platz", der gallische Hahn auf dem Neubiberger Rathausdach befestigt, und der kleine Neubiberger Park "Abloner Garten" benannt. Erinnert wurde auch an die Initiatoren und Gründer der Städtepartnerschaft: Ablons ehemaliger Bürgermeister und Präsident des französischen Senats Alain Poher, der 1996 starb, sowie der im Jahr 2000 gestorbene Neubiberger Alt-Bürgermeister Josef Schneider legten die Basis für die Partnerschaft. Anwesend war neben Ablons Alt-Bürgermeister Jean-Pierre Hermellin auch Ghislain Borelly, derzeit Vorsitzender des Partnervereins, Alt-Bürgermeisterin und Alt-Landrätin Johanna Rumschöttel, sowie ihr Mann Hermann, selbst einst Vorsitzender des Partnerschaftsvereins und Ehrenmitglied.
Die mit "Adegaulle" flapsig benannte Beendigung der sogenannten "Erbfeindschaft" durch die Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsabkommens von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer 1963 habe mittlerweile 2200 Städtepartnerschaften und 22 Regionalpartnerschaften hervorgebracht, informierte Bürgermeister Heyland. Acht Millionen Jugendliche nahmen bisher an Programmen des deutsch-französischen Jugendwerkes teil. Denn wichtiger als die gute Beziehung von Spitzenpolitikern sei zweifellos das Zusammentreffen und Zusammenfinden von Menschen, über Länder- und Sprachgrenzen hinweg, führte Heyland aus. Auch wenn die "Trauzeugen" dieser Partnerschaft wechselten, habe es immer viele Gäste gegeben, darunter auch viele Jugendliche, die mitmachen wollten und so die Beziehung mit Leben gefüllt hätten. Ablons derzeitiger Bürgermeister Eric Grillon freute sich auf eine Fortsetzung der Kontakte beider Städte. So hat unter seiner Ägide bereits ein Jugendaustausch stattgefunden, Abloner Sportler nahmen an einem Wettkampf in Neubiberg teil, und Praktikanten wurden zwischen den Rathäusern ausgetauscht.
Alt-Bürgermeister Jean-Pierre Hermellin bezeichnete die Partnerschaft als ein "Paradebeispiel für Brüderlichkeit und Verständnis". Sie halte wie eine gute Ehe schon 40 Jahre und es sei beinahe so, als ob es ein "rotes Telefon" zwischen den beiden Städten gebe. Nicht alle Partnerschaften seien so aktiv. Zum Abschluss des Festes unterzeichneten die Bürgermeister die Partnerschaftsurkunde noch einmal, um ihre Verbundenheit zu bekräftigen, und die französischen Gäste trugen sich ins Goldene Buch ein, um die Rubinhochzeit, die in Frankreich Smaragdhochzeit heißt, zu besiegeln.
Süddeutsche Zeitung 12.5.2015
Vor 40 Jahren besiegelte Neubiberg die Partnerschaft mit Ablon-sur-Seine. Fast genauso lange pflegen Pauline und Rudolf Kagerer ihre herzliche Beziehung zum Ehepaar Hermellin. Bei der Jubiläumsfeier gibt es ein Wiedersehen - und ein ganz privates Festmahl.
Von Johanna Mayerhofer
Es war ein etwas einseitiges erstes Aufeinandertreffen, erinnert sich Pauline Kagerer. "Jeder hat uns nett angeredet, Onkel, Tanten, Cousinen. Da hat man schon sehr bedauert, dass man nicht fleißig die Sprache gelernt hat." Die große Feier im Kreise der Familie Hermellin im französischen Ablon wird die 79-jährige Neubibergerin nie vergessen. Weil sie des Französischen nicht mächtig war, hat sie sich gemeinsam mit ihrem Mann Rudolf mit Händen und Füßen verständigt. Es war der Beginn einer bayerisch-französischen Freundschaft, die bis heute anhält. Mit ihrem Mann besucht sie das Ehepaar Hermellin regelmäßig. Begegnungen, die das Ehepaar der Partnerschaft zwischen Neubiberg und der französischen Gemeinde Ablon-sur-Seine zu verdanken hat. 600 Menschen haben sich beim Jugend- und Praktikantenaustausch, bei Erwachsenen-Begegnungen oder sportlichen Wettbewerben bisher kennengelernt.
Nach 40 Jahren blicken beide Gemeinden auf die gemeinsamen Erlebnisse zurück - mit einem Jubiläumsfest vom 14. bis 17. Mai in Neubiberg.
April 1975 in der fünfeinhalbtausend Einwohner zählenden Gemeinde Ablon-Sur-Seine in der nordfranzösischen Region Ile-de-France: Mit seiner Unterschrift auf einer Urkunde besiegelt Alain Poher als Bürgermeister der Gemeinde eine bis heute andauernde Freundschaft. Im Oktober desselben Jahres bekräftigt dann auch Neubiberg als Zeichen der deutsch-französischen Versöhnung die Gemeindepartnerschaft.
Drei Jahre später tritt das Ehepaar Kagerer seine erste Ablon-Reise an. Sie folgen einer Einladung der Partnergemeinde an die Musikkapelle Harmonie. Rudolf Kagerer nimmt als Trompeter teil. Als "wahres Glück" beschreibt Pauline Kagerer die zehnköpfige französische Gastfamilie Hermellin. Mit offenen Armen wurden die Neubiberger bei jedem Besuch begrüßt. Von 1983 an bestimmte Jean-Pierre Hermellin als Bürgermeister über 20 Jahre die Geschicke der Gemeinde im Norden Frankreichs. "Er war es gewohnt, auf Menschen zuzugehen", sagt Pauline Kagerer.
Eine gemeinsame Sprache fand sich auch schnell: Auf Englisch konnten beide Seiten sich gut verständigen. Heute, mehr als 20 Jahre später, ist sogar ein Gedankenaustausch in der jeweiligen Muttersprache möglich. Die französische Gastgeberin lernte mit den Jahren Deutsch, Rudolf Kagerer Französisch - wenn es auch immer mal wieder hakt. "Mein Mann sagt immer: Wenn ich ankomme, verstehe ich gar nichts, am zweiten Tag ein bisschen, am dritten Tag mehr und dann fahren wir wieder heim", erzählt Pauline Kagerer.
Abseits der Touristengebiete lernten die Neubiberger bei ihren Ablon-Besuchen schöne Orte kennen - und die französische Küche. Pasteten werden seither bei der Familie auch in Neubiberg oft aufgetischt. Abgesehen von den anfänglichen sprachlichen Barrieren ist für Pauline Kagerer von einem Mentalitätenunterschied bei den gegenseitigen Besuchen wenig zu spüren: "Es kochen alle mit Wasser. Wenn man tief reingeht, sind wir gar nicht so anders." Wie lange das private bayerisch-französische Band noch hält, hänge von der Gesundheit ab.
Eine 29-köpfige Gruppe aus Ablon wird von Donnerstag an gemeinsam mit den Neubibergern die 40-jährige Partnerschaft feiern - unter ihnen auch das Ehepaar Hermellin. Wie gewohnt werden Rudolf und Pauline Kagerer die Franzosen willkommen heißen - und sie kulinarisch verwöhnen, denn:
"Auf die Schweinshaxn freut sich Herr Hermelin immer besonders."